Mr. Spock, Natural Born Super-Yogi

Es ist nicht so, dass ich nicht genug Stoff zum Schreiben in den letzten Wochen gehabt hätte. Emotional war von Geburt bis Beerdigung die komplette Bandbreite enthalten. Und dann natürlich die Höhen und Tiefen des Alltags, den man Mutter und Yogi auch noch irgendwie wegatmen muss.

Ist Dir schon mal aufgefallen, dass es viel einfacher ist, Mitleid mit jemanden zu haben als Mitfreude? Sich ehrlich mit jemandem über etwas zu freuen, heißt zu zeigen: „Toll, dass dir das passiert ist.“ Ohne den Nachsatz „Ich wünschte, das würde mir auch mal passieren.“ Schwer, das wegzulassen, wenn der Nachbar gerade im Lotto gewonnen hast und du selbst nicht weißt, woher das Geld für die nächste Autoinspektion kommen soll.

Bei Mitleid denkst du wahrscheinlich eher weniger, warum dir so etwas nie passiert. Der Satz „Ich leide mit dir“, sagt sehr klar, dass du das Leid eines anderen zu deinem Leid machst. Aber es ist nicht dein Leid. Und gewissermaßen , nimmst du dem Leidenden seinen ehrlichen und verdienten Anspruch auf sein Leid.

Natürlich geht es nicht darum, dem Leidenden zu sagen „Stell’Dich nicht so an, das geht vorbei.“ Leide ich selbst, kann ich keine helfende Hand ausstrecken, um dem anderen in und aus seinem Leid zu helfen.

„Dein Leid ist nicht mein Leid, aber ich bin für Dich da und höre Dir zu.“

Interessanterweise lässt sich dieser Satz nicht 1:1 durch die Freude mit einem anderen Menschen ersetzen. Lustig, oder? Also ich denke gerade darüber echt nach.

Es geht sogar noch weiter: empfindest Du echte Freude mit einem anderen Menschen, weil ihm etwas Positives passiert ist, macht es auch deinen Tag besser und schöner. Weil dein Gehirn dein Lachen als etwas Positives für Dich verbucht. Es geht dir gut.

Machst du fremdes Leid zu deinem Leid, passiert das gleiche. Nur umgekehrt. Es geht dir mies, weil du dich im Leid eines anderen suhlst und dir das Leid in den trübesten Farben ausmalst. Auch das verarbeitet dein Gehirn. Und es macht etwas mit dir. Ob an diesem Tag für dich die Sonne scheint, ist allerdings fraglich.

Kommen wir zu Mr. Spock. Kennst du nicht? Das ist an dieser Stelle jetzt echt schlecht und du wirst das Folgende nur schwer verstehen. Nimm‘ es als Altersfilter: „Kein „Raumschiff Enterprise“?! Du kommst hier net rein!“

Ich lese gerade das Buch „Die Logik des Verrücktseins: Einblicke in die geheimen Räume unserer Psyche“ von Dr. med. Markus Preiter. Hochinteressant. Aber schwere Kost. 11% habe ich bereits gelesen. Die restlichen 89% der Zeit geschlafen. Ja, es stimmt. Das Lernen fällt im Alter zunehmend schwerer.

 

Mr. Spock ist halb Mensch und halb Vulkanier. Als Kind fand ich die Form seiner Ohren wesentlich interssanter als die Form seiner Psyche.

Um es kurz zu machen: Vulkanier sind frei von Emotionen. Den Abschnitt über Mitfreude und Mitleid kann Mr. Spock somit getrost überspringen, denn er kann damit sowas von gar nichts anfangen. (Wieso schreibt man eigentlich „sogar“ zusammen und „gar nicht“ auseinander?)

Mr. Spock ist also von Geburt an frei von „dukha“, Leid. Das komplette „Yoga Sutra“ ist für ihn verschwendetes Papier. Sämtliche Kommentare dazu mit eingeschlossen. Die höchste der spock’schen Gefühlsleistung kommt in dem Adjektiv „faszinierend“ zum Ausdruck. Das kann den wunderschönen Schmetterling auf der Wiese genauso betreffen, wie die fette Hauswinkelspinne in deiner Dusche. Faszinierend.

Mr. Spock hat sämtliches Leid und die komplette Avidya-Familie (falsche Auffassung von etwas, Gier, Ego, Abneigung und Angst) genetisch eliminiert und ist so evolutionär auf die Zielgeraden der dynamischen Stille des Geistes eingebogen.

Faszinierend. Nie wieder Neid, nie wieder Wut und nie wieder sinnlose Taschenkäufe …..

Nie wieder Freude über einen Sonnenstrahl im Gesicht. Nie wieder Stolz auf eine gemeisterte Aufgabe. Nie wieder Heulen beim 20. Untergang der „Titanic“. Faszinierend scheiße dieser Gedanke.

Ich dachte jahrelang, ich sei mit Mr. Spock verheiratet gewesen. Und nein, nicht wegen seiner Ohren.

Irgendwann saß er weinend vor mir. Und Vulkanien war in diesem Moment sehr weit entfernt. Und mein Mann mir sehr nah.

Glaube, Liebe, Hoffnung.

Emotionen sind unsere größte Stärke. Und unsere größte Schwäche. Das eine geht nicht ohne das andere. Faszinierend.

Ich bin vom Super-Yogi so weit entfernt wie von Vulkanien. So what.

 

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